Dieser Post hat zwar nichts mit Musik zu tun, muss aber mal gesagt werden.
Es ist Zeit, seine Stimme zu erheben. Vielleicht erscheint sie klein, aber sie ist hoffentlich laut genug, dass sie jemand hört.
Was die letzten Wochen und Monate hier in Deutschland passiert, ist an Absurdität nicht mehr zu überbieten. Manchmal drängt sich die Frage auf: Haben die Menschen hier aus ihrer Vergangenheit nichts gelernt? Nutzen sie ihren Kopf nur noch, um einen Hut zu tragen, anstatt zu denken? Die Tatsache, dass in Bautzen dutzende Menschen verhindern, dass ein brennendes Asylbewerberheim gelöscht wird und dabei auch noch laut Beifall klatschen, widert an. In was für einer Welt leben wir, in der Menschen, die gerade die wahrscheinlich wörtliche Hölle auf Erden überstanden haben, verängstigt in einem Reisebus sitzen und sich weigern, diesen zu verlassen, weil ein wütend aufgebrachter Mob das Fahrzeug umzingelt und braune Parolen skandiert? In was für einem Rechtsstaat leben wir mittlerweile, in dem Polizisten panische Flüchtlingskinder aus einem Bus mit der höhnischen Aufschrift „Reisegenuss“ zerren? Ein Staat, der sich die Wahrung der Würde des Menschen auf die obersten Fahnen geschrieben hat. Der es sich zur Aufgabe gemacht hat, eben diese zu schützen. Sieht denn niemand, dass sich hier Geschichte wiederholt? Dass das schwebende Damoklesschwert der nationalsozialistischen Vergangenheit inzwischen am seidenen Faden hängt und droht, wieder einmal abzustürzen? Dieser immer wieder aufkeimende Fremdenhass ist nichts Neues. 1992 sprach die Welt von „Der Rückkehr der Pogrome“. Die Rede ist von den Vorfällen in Rostock-Lichtenhagen. Eine grausame Analogie und doch leider wahr. Im Jahr 2015 gab es bis Ende November 924 Übergriffe auf Flüchtlingsheime. Umgerechnet sind das 2,8 Angriffe pro Tag im vergangenen Jahr. Eine Zahl, die an sich schon schwer nachzuvollziehen ist. Vergleicht man sie aber mit Zahlen von 2014, so sind sie nur umso erschreckender. Traurig aber wahr: Innerhalb eines Jahres stieg die Anzahl um über 600 Straftaten an. Was bedingt also diesen unglaublichen Rechtsruck, der im vergangenen Jahr durch dieses Land ging? Ist es Angst, dass einem etwas weggenommen wird? Ist es Besorgnis? Allgemeine Unzufriedenheit? Oder die Möglichkeit, dass man endlich mal wieder so richtig meckern kann? Oder ist es schlicht das völlige Versagen des Bildungssystems, das es nicht geschafft hat, den Menschen das eigenständige Denken beizubringen, sodass sie jetzt auf die dumpfen und dämlichen Parolen von AfD und Konsorten hereinfallen und diese begeistert abnicken?

„Wenn du sonst nichts kannst, sei doch einfach mal stolz auf dein Land“
singen Kraftklub und wie es scheint, haben die Chemnitzer Recht behalten. Man kann nicht auch nur eine Sekunde nachgedacht haben, wenn man sein Kreuzchen auf dem Wahlzettel der AfD gibt oder zur nächsten Pegida Demo rennt. Gerne würde ich einfach davon ausgehen, dass es sich so verhält, wie es Kraftklub besingen. Nix gelernt, kannste nix, also sucht man nach einer Möglichkeit, die Schuld für die eigene Dummheit anderen in die Schuhe zu schieben. Leider ist das aber in der momentanen Zeit scheinbar nicht mehr der Fall. Wenn eine Zeitung wie „Die Zeit“ ihre Berichterstattung über die Handballeuropameisterschaft mit Floskeln wie „Wenn Fußball Merkel ist, dann ist Handball Petry“ schmückt oder dabei auch noch lobend erkennt, dass der isländische Trainer als einziger Ausländer in der sonst so migrationshintergrundlosen Truppe ja wunderbar ins nordisch-arische Erscheinungsbild des Teams passt, dann wird mir Angst. Das meine ich ernst. Denn dann ist die Dummheit im Bildungsbürgertum angelangt und die These, dass das ja nur ein paar verblendete Idioten sind trifft nicht mehr zu. Jetzt sitzt die Dummheit an den langen Hebeln, die die Meinung bilden, nämlich in den Medien. Und das erschreckt mich zutiefst.
Ich will nicht in einer Welt leben, in der sich Menschen aufgrund etwas so belanglosen wie ihres Herkunftslandes diskriminieren.
Ich will nicht in einer Welt leben, in der man alle Menschlichkeit verliert, obwohl das Elend und Leid vor Augen ist.
Ich will nicht in einer Welt leben, in der man Menschen erklären muss, dass sie voreinander keine Angst zu haben brauchen.
Ich will nicht in einer Welt leben, in der Hobbypatrioten ihre Parolen brüllen.
Ich will nicht in einer Welt leben, in der ich mich beim gemütlichen Essen mit Freunden für meine doch schon sehr linke Einstellung rechtfertigen muss.
Ich will das nicht.
Um ehrlich zu sein: Ich habe nicht die Geduld dafür, mich mit so viel Engstirnigkeit zu arrangieren.
Es ist an der Zeit, laut zu sein. Es ist an der Zeit, seine Stimme zu erheben. Etwas zu sagen. Es wird Zeit, seinen Kopf einmal im Leben zum Denken zu nutzen.
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