Als Musikfan stößt man immer wieder auf Musiker, die irgendwie nicht richtig anerkannt, teilweise sogar unterbewertet werden – Josh Klinghoffer ist so einer. Im Jahr 2009 hat er John Frusciante an der Gitarre der Red Hot Chili Peppers beerbt und seitdem mit der Band gemeinsam zwei Alben veröffentlicht. Es folgten zwei größtenteils ausverkaufte Welttourneen. Doch irgendwie hat man das Gefühl, dass viele den „Neuen“ an der Gitarre immer noch nicht richtig akzeptiert haben. Anders kann ich mir folgendes aufgeschnapptes Gespräch vor dem Konzert der Peppers in Köln nicht erklären:
„Oh, sie haben ja jetzt diesen neuen Gitarristen, oder?“
„Ja, der war aber schon 2011 dabei“
„Ach, stimmt und der klang wie ein Mädchen richtig?“
„Schon irgendwie. Aber kann auch interessant klingen“
„Aber seine Soli sind richtig schlecht“
„John kann eben keiner das Wasser reichen“
Ja, wir haben es verstanden. Manche Fans vermissen immer noch John und ja, natürlich war es ein Schock, als die Band 2008 öffentlich machte, dass ihr Ausnahmegitarrist die Band verlassen hatte – übrigens schon zum zweiten Mal. Aber das Gute ist doch, die Peppers haben nicht aufgehört und stattdessen mit Josh Klinghoffer einen engen Freund als neues Bandmitglied aufgenommen und einen Neustart gewagt. Auch der Altersunterschied – Klinghoffer ist gerade mal 38 Jahre alt – scheint kein Problem zu sein.
Josh Klinghoffer – Schule geschmissen, um Musiker zu werden
Zugegeben, vielleicht ist Klinghoffers Weg nicht unbedingt zu empfehlen. Denn im Alter von 15 Jahren die Schule zu schmeißen, um Musiker zu werden, kann eben nicht bei jedem gut gehen. Bei vielen sind da vielleicht nur Flausen im Kopf. Bei Klinghoffer hat es sich allerdings tatsächlich ausgezahlt. Mit 32 wurde er das jüngste Mitglied in der Rock’n Hall Of Fame und löste damit sogar Stevie Wonder ab. Auch, wenn er offenbar ungern darüber spricht, da er zum damaligen Zeitpunkt gerade mal ein Album mit den Peppers veröffentlicht hatte, ist es trotzdem eine Wertschätzung.
Doch, was macht ein Klinghoffer, wenn die Peppers mal nicht im Studio sind oder touren? Viel. Ziemlich viel sogar. Fragt man die Schweizerin Sophie Hunger ist er ein Arbeitsbiest und eigentlich das ganze Jahr komplett ausgebucht. 2012 flog sie nach Los Angeles, um gemeinsam mit ihm und ihrem Produzenten an einigen Songs für ihr Album The Danger of Light zu arbeiten. Klinghoffer nannte ihr dafür exakt fünf Tage, an denen er Zeit haben würde. Er scheint es also geschafft zu haben und als erfolgreicher Musiker im Business angekommen zu sein. Es scheint, als sei sein Weg geprägt gewesen von glücklichen Zufällen und harter Arbeit.
Klinghoffer zunächst Vorband der Red Hot Chili Peppers
Noch als Teenager lernte er den deutlich älteren damaligen Punkmusiker Bob Forrest kennen, der mit seiner Band Thelonious Monster in den 1980ern in den USA erfolgreich war. Nach einem Drogenentzug wollte dieser offenbar ruhigere Töne angehen und gründete mit Klinghoffer die Band Bicycle Thief. Da Forrest aber auch ein Buddy der Chili Peppers war, traf Klinghoffer durch ihn 1997 erstmals auf Flea und John Frusciante und spielte gemeinsam mit Bicycle Thief auf der Californication-Tour 1999/2000 als Vorband. Anschließend arbeitete er gemeinsam mit John Frusciante an dessen Soloalben und nahm u.a. das wunderbare A Sphere In The Heart Of Silence auf. Die beiden sollen lange Zeit beste Freunde gewesen sein.
Doch der Weg ging für Klinghoffer immer weiter nach oben. Vor allem als Tour-Musiker konnte der Kalifornier immer mehr von sich reden machen. So spielte er in den Bands von Beck, PJ Harvey und Gnarls Barkley. Mit letzteren war er 2007 dann auch erneut Vorband der Chili Peppers – und stand zeitgleich auf der Stadiontour auch noch als Back-Up-Gitarrist für seinen Kumpel Frusciante mit der Band auf der Bühne.
Eigene Band Dot Hacker
Offenbar reichte Klinghoffer das aber auch noch nicht. Er wollte endlich eigene Musik machen und nicht mehr nur die Musik anderer Leute spielen, wie er oft in Interviews betont. Also gründete er 2008 gemeinsam mit Eric Gardner und Clint Walsh, mit denen er bereits für Gnarls Barkley gespielt hat, die Band Dot Hacker. Jonathan Hischke am Bass machte das Quartett komplett. Zwischen den Chili Peppers und Dot Hacker scheinen musikalisch Welten zu liegen. Letztere klingen eher melancholisch, nachdenklich, manchmal elektronisch und völlig unkonventionell. Noch hinzu kommt, dass Klinghoffer hier zeigt, dass er eben auch ein ziemlich guter Sänger ist!
Doch neben seinen zwei eigenen Bandprojekten arbeitet Klinghoffer auch abseits der großen Welttourneen und abseits seiner eigenen Band immer wieder mit vielen unterschiedlichen Künstlern zusammen – bevorzugt aus dem Raum Los Angeles. Mit der britischen Sängerin Cate le Bon gründete er das Musikprojekt BANANA und ging mit ihr auch auf Europa- und USA-Tour, 2008 spielte er für eine Zeit als Drummer und zeitweise auch Gitarrist bei Warpaint. Mit der amerikanischen Musikerin Anna Waronker arbeitete er an ihrem Bandprojekt That Dog und nahm im Frühjahr 2017 einige Songs für die aus Portland stammende Instrumental-Band 1939 Ensemble auf. Nicht zu vergessen sein Spaß-Bandprojekt Blood Flag mit Kumpel Harmar Superstar. Wer also mal noch recht unbekannte Bands fernab des Mainstream auschecken will, sollte dies unbedingt mal tun.
Josh Klinghoffer ist also nicht nur ein Gitarrist, er ist ein Multi-Instrumentalist. Angefangen als Drummer, spielt er inzwischen Gitarre, Piano, Bass, Saxophone oder auch Marimba. Er ist sich nicht zu schade mit Cate le Bon und den BANANAS das gewohnte Luxushotel der Chili Peppers auf Tour gegen einen stinkenden Tourbus zu tauschen und seine Instrumente wieder selbst auf die Bühne zu schleppen.
Vielleicht hat John Frusciante die besseren Soli gespielt. Aber auch Josh Klinghoffers Gitarrenspiel ist nicht zu unterschätzen und die Band um ihn, Flea, Chad und ihre zwei Gastmusiker Chris Warren und Nate Walcott haben auf ihrer gerade beendeten The Getaway-Tour ein top Zusammenspiel gehabt. Er bringt vielleicht einfach ein bisschen neuen Wind in die Band. Noch dazu, scheint er ein ziemlich auf dem Boden gebliebener Musiker zu sein.
Foto Credit: Samuel Banuelos III
Schreibe einen Kommentar