Die Red Hot Chili Peppers sind eine von diesen Bands, die mich schon seit Jahren begleiten. Das Live-Album Live in Hyde Park, das ich mir mit 14 kaufte, ist wohl immer noch eines der meistgespielten CDs in meinem Plattenregal. Irgendwas faszinierte mich schon immer an ihrem unverwechselbaren Sound. Als ich irgendwann anfing Gitarre zu spielen, wollte ich unbedingt „Under The Bridge“ lernen und versuchte mich auch mehr oder weniger erfolgreich daran. Besagten Song haben wir sogar mal im Englischunterricht analysiert – definitiv ein Highlight. Natürlich ist der typische Chili Peppers-Sound vor allem durch Gitarrist John Frusciante geprägt worden und dementsprechend geschockt waren wohl viele, als er 2009 bekannt gab, dass er die Band verlassen hat. Vor allem nach dem Erfolg von Stadium Arcadium, stellte sich die Frage, wie sollte es da weitergehen mit der Band und wer sollte John ersetzen? Natürlich hätten die Chili Peppers auch einfach aufhören können. Anthony hätte sich seiner Vaterrolle widmen können. Flea und Chad hätten mehr Zeit für ihre anderweitigen Musikprojekte. Aber sie entschieden sich zum Glück anders! Sonst wäre wohl auch nie diese Carpool-Folge zustandegekommen!
Die Wahl fiel schließlich auf Josh Klinghoffer als neuen Gitarrist, der schon zuvor mit John einige Soloalben aufgenommen hatte und auch bei der „Stadium Arcadium“-Tour als Back-Up dabei war. Zugegeben habe ich das erste Album 2011 mit neuem Gitarrist damals nicht wirklich wahrgenommen, lediglich ein paar langweilige Livemitschnitte von der Tour gesehen, was mich nicht wirklich überzeugte. Aber inzwischen scheint sich Josh viel besser in die Band gefunden zu haben und seinen eigenen Stil zur Chili Peppers-Musik mit einzubringen. Trotzdem werden manche Leute nicht müde, unter Videos oder Artikel der Band immer noch Kommentare wie „Josh is boring, bring back John“ oder so was zu setzen. Klar, Frusciante war ein unglaublich wichtiger Bestandteil der Band, aber er hat es schließlich selbst entschieden, die Band zu verlassen. Jetzt ist Josh Klinghoffer da und verdammt, er ist einfach auch so ein unglaublich krasser Gitarrist – und Sänger!
Nach fünf Jahren kommt also endlich ein neues Album der Chili Peppers und obwohl ich wirklich nicht viel erwartet habe – es hat mich definitiv geflasht! Die Arbeiten mussten übrigens aufgrund von Fleas Armbruch beim Skifahren zwischenzeitlich noch ein halbes Jahr verschoben werden, sodass die Band erst letzten Herbst im Studio war.
Auf der Platte findet sich schließlich alles, was man von den Red Hot Chili Peppers erwartet. Funk, Rock, ein bisschen Jazz, ein bisschen Chillout, einen kantingen Bass, geile Gitarrensoli und und und. Zum ersten Mal seit über 25 Jahren hat die Platte nicht Rick Rubin produziert, sondern Danger Mouse, auch besser bekannt als Brian Burton, der schon bei Alben der Black Keys und U2 seine Finger im Spiel hatte. Es sei kein Zerwürfnis mit Rubin, sondern einfach ein weiterer Schritt in der Bandgeschichte, so die Band. Ein bisschen ironisch passend dazu heißt das Album auch The Getaway. Die Flucht. Aber vielleicht auch der Aufbruch in eine neue Chili Peppers-Ära?
Das 12. Studioalbum bietet eine Bandbreite an neuen Chili Peppers-Klängen, aber auch an Altbewährtem. Vor allem das Klavier sticht bei einigen Songs als wichtiger Begleiter heraus, was das Ganze melodischer macht. Trotzdem müssen Gitarre, Drums und Fleas Basslauf – der vor allem in den ersten Songs zur Geltung kommt – nicht zurückstecken.
Die ersten drei Songs hat die Band schon im Vorfeld kurz vor Release veröffentlicht. „The Getaway“, der titelgebende Opener bietet eine eingehende Melodie, was allerdings alles noch relativ ruhig wirkt. Es wundert auch nicht, dass es nur 1:37 Minuten dauert, ehe Anthony das erste Mal von California singt – übrigens auch nicht das letzte Mal auf dieser Platte! Die Red Hot Chili Peppers gehören vermutlich so sehr zu Kalifornien, wie der Strand ans Meer. Als Zweitstimme wird Kiedis hier übrigens von der kalifornischen Sängerin Anna Waronker begleitet.
„Dark Necesseties“, die erste Singleauskopplung und ein typischer Chili Peppers-Song, sowie „We Turn Red“ waren die zweiten Songs, die es schon vorab zu hören gab. Bei letzterem kommt erstmals deutlicher die Gitarre ins Spiel und der Song erinnert durchaus an „By The Way“-Zeiten, wobei der Refrain dann doch ziemlich akustisch und melodisch daherkommt. Mit „The Longest Wave“, „Feasting Of The Flowers“ und „Sick Love“ sind drei sehr chillige Songs auf dem Album vertreten, die einen gedanklich auf einen Roadtrip durch Kalifornien Richtung Meer und Sonnenuntergang bringen. Auch wenn es „Sick Love“ durch seine teilweise auch jazzigen Einflüsse zunächst nicht vermuten lässt, aber hier hat sich kein geringerer als Sir Elton John an die Tasten gesetzt! Mit „Go Robot“ wagen sich die Chili Peppers sogar an einen typischen funkig groovigen Discosound – definitiv tanzbar.
Wer bisher die Gitarre etwas vermisst hat, wird bei „Goodbye Angels“ erstmals auf seine Kosten kommen. Während Anthony in seinem typischen Stakkatogesang über eine gescheiterte Beziehung singt, wechselt der Song im letzten Drittel schließlich zu einem Monstrum aus Bass und Gitarrensolo und beweist damit zum ersten Mal auf diesem Album, dass die Chili Peppers es noch können. Subjektiv übrigens der geilste Basslauf, den The Getaway zu bieten hat! Flea hats eben immer noch drauf!
Ähnlich weiter geht es bei „Detroit“, das einen eingehenden dynamischen Riff verspricht. Den wohl besten Song des Albums bringen die vier mit „This Ticonderoga“. Allein der Name könnte dafür schon herhalten. Anfangs erinnert es ein wenig an „Paranoid“ von Black Sabbath, entwickelt dann aber doch seinen ganz eigenen Stil. Josh zeigt hier einmal mehr, dass er auf diesem Album deutlich mehr Gitarreneinflüsse gibt, viel stärker als noch zu I’m With You- Zeiten. Vielleicht könnte das aber auch daran liegen, dass die Band sich in dieser Besetzung – vor allem auch durch die zweijährige Tour – inzwischen besser eingespielt und hat. Als die Aufnahmen zu I’m With You begannen, schien es Klinghoffer noch deutlich schwerer zu fallen, sich in dem Albumprozess zurechtzufinden (Hier übrigens ein hörenswertes Interview von Flea, Chad und Josh, wo auch diese Problematik angesprochen wird).
So kraftvoll das Album in der Mitte auch ist, so ruhig findet es schließlich sein Ende – allerdings nicht ohne ein bisschen Pathos. „Encore“ und „The Hunter“ sind überraschend ruhige Balladen, die teilweise von Streichern begleitet werden. „Dreams Of A Samurai“ beginnt zwar zunächst auch als klavierlastige Ballade, wechselt dann schließlich im Refrain aber doch zu einem melancholischen Gitarrensound. Während Chads Drums auch bei ruhigeren Songs zur Geltung kommen, wünscht man sich im letzten Drittel des Albums ein bisschen mehr Bass in die Songs.
FAZIT: das zweite Album in dieser Besetzung kommt definitiv dynamischer, kraftvoller und gleichzeitig auch melodiöser daher. Vielleicht kam die Zusammenarbeit mit Danger Mouse genau zum richtigen Zeitpunkt, auch wenn es für die Band anfangs ein völlig anderes Arbeiten war, denn anders als bei Rubin haben die vier noch im Studio gemeinsam mit Danger Mouse einige Songideen um- oder sogar ganz neu geschrieben und er scheint die Band damit immer wieder angestachelt zu haben, noch besser zu werden. Lediglich einige Synthieklänge hätte man einfach weglassen können, denn auch wenn sie sich in den jeweiligen Songs gut machen, so verbindet man solche Klänge eben doch nicht wirklich mit den Red Hot Chili Peppers.
Wer die neuen Songs der Kalifornier live hören möchte, kann sich freuen. Nach ihren Konzerten bei Rock am Ring und Rock im Park kommen die Chilis im November für einige Konzerte übrigens gleich nochmal nach Deutschland.
01.11.2016 München
03.11.2016 Berlin
14.11.2016 Köln
17.11.2016 Hannover
19.11.2016 Frankfurt
[…] Zum Review hier entlang […]