Zehn Jahre ist eine verdammt lange Zeit. Wenn man allerdings wie Jennifer Rostock bereits seit eben dieser Zeit gemeinsam auf Tour ist, dann kommt einiges zusammen. Zehn Jahre Musik. Videos, Outfitsünden und Frisuren. Aber eben auch zehn Jahre eine Stimme haben. Laut sein. Etwas in seinen Fans bewegen. All das feiern Jennifer Rostock noch einmal auf ihrer Jubiläumstour, bevor sie sich in eine Bandpause verabschieden und anderen Projekten widmen.
Von den guten alten Zeiten
Für ihre größte Soloshow jemals haben sich Jennifer Rostock etwas großartiges ausgedacht. Zwei Stunden Zeit und es geht einmal komplett durch die Bandgeschichte. Das Jahr 2008 wird von Songs wie „Kopf oder Zahl“, „Feuer“ und „Himalaya“ repräsentiert und schon jetzt wird klar: Heute kann nur ein guter Abend werden, scheiß auf die kleine Träne im Knopfloch. Kaum ein Jahr später hat sich bei „Du willst mir an die Wäsche“ ein riesiges Grinsen aufs Gesicht geschlichen und ich weiß wieder, warum ich damals Jennifer Rostock so geliebt habe und es noch immer tue: Die Songs der Band sind Musik gewordenes Selbstbewusstsein und es wirkt immer noch so wie vor zehn Jahren. Ähnlich scheint es auch allen Besuchern um mich herum zu gehen, es wird getanzt und gesungen, als gäbe es kein Morgen mehr.
Mit Schnaps durch die Zeit
Weiter geht es mit Songs vom 2011 erschienen Album „Mit Haut und Haar“. Von „Mein Mikrofon“ bis hin zu „Es war nicht alle schlecht“, bei welchem auch langjähriger Freund der Band Nico seine Gastvocals persönlich übernimmt, gibt es alles zu hören, was die Fanseele braucht. Die herausragende Setlist wird immer wieder gebührend durch ein kleines Schnäpschen unterbrochen, welches ganz traditionell bei Jennifer Rostock Shows auf der Bühne konsumiert wird. Getreu dem Motto des Abends wird sich durch die Bandgesschichte getrunken. Vom 2008er Jägermeister über Mexikaner bis Pfeffi ist an diesem Abend alles dabei. Die Stimmung ist ausgelassen, es gibt Moshpits, selbst um das Mischpult wird ein großer Circlepit gebildet. Der hält sich zwar nicht, aber der gute Wille des Münchener Publikums zählt. Spätestens bei „Die guten alten Zeiten“ wird aber klar, dass dieser Abend zu Ende geht und ein bisschen Rührseligkeit schleicht sich dann doch ein. Zehn Jahre haben mich Jennifer Rostock nun begleitet und irgendwie hat ihre Musik beim Erwachsenwerden Spuren hinterlassen. Umso schwerer ist es dann, eben diese Band in ihre Pause zu verabschieden. Dennoch: Es war ein verdammt würdiges Konzert mit der vermutlich besten Setlist, die sie zumindest für mich hätten spielen können.
5000 Leute vor der Bühne – Jennifer Rostock steht das verdammt gut
Jennifer Rostock zaubern einen sensationellen Abend auf die Bühne, die Show passt zu 100 Prozent zur Band und zu allem wofür sie steht. Die große Halle und damit die große Show steht Jennifer Rostock verdammt gut. Man merkt ihnen aber vor allem an, wie sehr sie es selbst genießen auf der Bühne zu stehen. Sei das nun Baku an den Drums oder Joe am Keybord, Bock haben sie alle, und das steckt das Publikum an. Jennifer Weist beweist wieder ein ums andere Mal welch großartige Frontfrau sie ist. Auf der Bühne sympathische Entertainerin, die ihren Job beherrscht wie kaum eine zweite, abseits der Bühne: Dank ihrer Offenheit ein Vorbild für eine Generation junger Frauen. Jennifer Rostock haben es in den vergangenen Jahren immer wieder geschafft, ihre Stimme an den passenden Stellen laut zu erheben. So scheuten sie sich nie vor klaren Statements gegen Sexismus und Rechtsextremismus. So wundert es nicht, dass der Abend mit einem lauten „Nazis raus“ zu Ende geht. Es hätte keine passenderen letzten Worte auf der Bühne für diese Band geben können.
Schreibe einen Kommentar