Bei Peter Doherty ist man sich ja nie sicher: Kommt er wirklich zum Konzert oder eher nicht? In der Vergangenheit gab es da schon einige Konzertabende, wo das Publikum lange auf den Briten warten musste. So auch zwei Tage vor seinem Konzert in Köln, als er in Frankfurt mit zweieinhalbstündiger Verspätung auf der Bühne auftaucht und die Fans nicht mehr ganz so begeistert reagierten.
Auch in Köln ist Doherty nicht pünktlich, doch die Fans in der nicht ausverkauften Live Music Hall nehmen es gelassen, immerhin ist gerade Karnevalszeit. So schnappt man von einer Dame im Publikum im Vorbeigehen den Satz „Peter darf heute aber nicht allzu spät anfangen, morgen ist doch Weiberfassnacht!“ auf. Tja, hier werden eben andere Prioritäten gesetzt, wenn Karneval ist. Letztlich steht Doherty samt Band mit einer halbstündigen Verspätung auf der Bühne. Zuvor hatte sein Gitarrist Jack Jones leicht angetrunken die wartende Menge ein wenig mit einem Leonard Cohen-Cover und ein paar Gedichten samt lustigen Sprüchen vertröstet.
Peter Doherty wird immer noch als Rockstar gefeiert
Als Peter Doherty schließlich die Bühne betritt wird er direkt gefeiert. Es ist schon interessant zu sehen, wie ein Musiker, der das Rockstar Image komplett bedient – Alkohol, Drogen und Modelexfreundinnnen – aber seine Fans eben auch schon oft enttäuscht hat, trotzdem immer noch so verehrt wird.
Wenn man sich dann schließlich seiner Musik widmet, wird es einem wieder bewusst: der Brite ist einfach ein verdammt guter Songwriter und versteht es diesen britischen Schrammelrock immer noch rüberzubringen, auch wenn seine neueren Songs auf dem aktuellen Album Hamburg Demonstrations eher ruhiger sind. Während seiner Arbeiten an dem Album zog Doherty sogar für ein paar Monate in die Hansestadt.
Babyshambles & The Libertines Klassiker mit im Gepäck
In Köln präsentiert er gemeinsam mit seiner Band sowohl neuere Songs, wie das „I Don’t Love Anyone (But You’re Not Anyone)“ vom neuen Album, aber auch Klassiker von den Babyshambles wie „Albion“ oder „Killamangiro“. Ein Becher samt Kaltgetränk natürlich immer mit dabei auf der Bühne. Was genau Peter Doherty da trinkt wird nicht deutlich, aber alkoholfrei ist es definitiv nicht. Je später der Abend wird, desto mehr wankt und tänzelt Doherty über die Bühne und man muss jedes Mal fürchten, dass er gleich doch noch über das Mikrokabel stolpert. Auch in Köln fechtet Doherty seinen ewigen Kampf mit dem Mikroständer aus, den sein Gitarrentechniker immer wieder aufstellt, nur um von Doherty keine fünf Minuten später wieder umgeschmissen zu werden. Einmal landet der Mikroständer dann im Gesicht seines Gitarristen, der sich kurzerhand erschreckt, aber mit einem Lachen im Gesicht weiterspielt. Das kennt man wohl schon.
Natürlich dürfen auch Libertines-Klassiker nicht fehlen. So freut sich das Kölner Publikum an diesem Mittwochabend über „Don’t Look Back Into The Sun“ und das wunderschöne „You’re My Waterloo“, bei dem zunächst das komplette Publikum alleine mitsingt und den Song schon damit zum Highlight des Abends werden lässt.
Es wirkt alles etwas chaotisch und verwirrend auf der Bühne. Peter’s Keyboarderin und Freundin Katia da Vidas scheint zumindest noch ansatzweise die Kontrolle über die Setlist zu besitzen. Gleichzeitig wirkt es aber auch irgendwie sympathisch neben den ganzen durchgeplanten Hallenkonzerten der heutigen Zeit, auch mal wieder etwas mehr Improvisation zu sehen und zu hören.
Zwei Zugaben
Man merkt der Band definitiv an, dass sie Spaß hat an diesem Abend. Lustlos scheint es hier nicht zuzugehen. Auch nicht im Publikum, das spätestens bei „Fuck Forever“ völlig durchdreht. Die kleine Live Music Hall verwandelt sich in einen einzigen Pogo und Tanzparkett. Für einen kurzen Moment kommt es einem so vor, als würde hier gerade DER Song einer ganzen Generation gespielt.
Für die Zugabe lässt sich die Band ganze zehn Minuten Zeit, ehe sie wieder die Bühne betritt. Aber das alles scheint ihnen noch nicht genug zu sein. Als die meisten bereits den Club verlassen haben und draußen an der Garderobe anstehen, hört man erneut Instrumente klimpern. Samt Jacken eilt man schnell zurück in den Club und sieht, dass die Band um Peter Doherty noch einmal auf die Bühne zurückgekehrt ist und vor sich hinjammt. Eine Viertelstunde bieten sie jetzt noch eine letzte Zugabe, ohne groß Songs zu spielen, einfach nur ein bisschen jammen. Man gönnt sich noch ein Bier und verlässt gegen Mitternacht schließlich den Club. Perfektes Antikarnevalsprogramm mitten in Köln.
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