Ein Song, um sie zu knechten! Leidet, München, leidet!“, ruft Sänger Ingo Knollmann der Ibbenbürener Band Donots den Konzertbesuchern auf dem Munich Mash entgegen. Klingt sadistisch und gemein, feuert die Leute vor der Bühne aber erst recht an. Auf glitschigem Kopfsteinpflaster gleicht der Moshpit zwar eher einem Eiertanz, aber wen stört es denn? Die Band hat Bock, die Zuschauer mindestens genauso viel und leiden ob der zahllosen blauen Flecken und Schrammen, die man sich im Pit geholt hat, kann man auch morgen noch. Zählen tut der Moment und an das bevorstehende Fußballspiel denkt dann auch keiner mehr. Wer möchte das schon sehen, wenn man die Donots auf der Bühne haben kann. Die träumen übrigens von einem Endspiel Wales gegen Island. Was für eine schöne Kombination das denn gewesen wäre! Mit richtig viel Interesse an ihrem Konzert auf dem Munich Mash haben sie gerade wegen dem Fußballspiel Deutschland-Italien nicht gerechnet, gerade wegen der spontanen Vorverlegung des Auftritts. Gestört hat es im Publikum nachträglich betrachtet aber keinen, vielmehr haben die Donots mal wieder eindrücklich bewiesen, dass sie ganz klar wissen, was ein guter Konzertabend so braucht.
Die Donots sind extrem bekannt für ihre energetischen Liveshows. Wo genau sie gelernt haben, wie eine Punkrockshow auszusehen hat, um die „gnadelose Endzerfickung“ des Publikums (Zitat Ingo während dem Konzert) zu erreichen, haben uns Ingo (Gesang) und Guido (Gitarre) kurz vor der Show verraten. Entspannt haben wir mit den beiden über ihre heimlichen Talente auf Skateboard und ihre bisherigen Konzerterlebnisse in München geplaudert.
Übrigens nur als kleine Randnotiz nebenbei: Das mit dem gemein und sadistisch stimmt gar nicht. Viel mehr waren Guido und Ingo die wohl nettesten und entspanntesten Gesprächspartner, die man sich nur vorstellen kann.
HTTB: Hi ihr beiden! Willkommen zurück in München, euer letzter Besuch ist inzwischen schon über ein halbes Jahr her, schön, wieder hier zu sein?
Ingo: Ich bin immer noch völlig geplättet vom letzten Mal im Backstage. Ich glaube heute, das wird schon ne andere Nummer werden, weil uns das Fußballspiel schon ganz schön reingehagelt hat. Das ist immer etwas anderes, wenn man bei einer Trendsportveranstaltung, oder wie man das nennt, spielt. Das ist ja schon nicht ganz vergleichbar mit einem normalen Clubkonzert. Seit dem klar ist, dass heute Deutschland spielt will im Grunde ja keiner mehr kommen.
Guido: Ich habe gar nicht gedacht, dass in München so viele Leute Fußball gucken…
Ingo: Aber wem will man denn da einen Strick draus drehen, eine EM ist nun mal nicht so oft und ich selbst fand es total super in den letzten Tagen genau das als Abendprogramm zu machen und nichts anderes.
HTTB: Du hast es schon angesprochen Ingo, heute spielt ihr mit dem Munich Mash in einem ganz anderen Setting, fühlt sich das anders an auf so einer Trendsportveranstaltung, wie du es genannt hast zu spielen?
Ingo: Ja klar! Ich will nicht sagen, das eine ist besser als das andere. Natürlich sind eigene Clubshows super, das ist einfach dein Ding und hier ist man Teil eines Programmes. Aber das muss ja nichts schlechtes sein. Meistens sind die Konzerte, von denen man erwartet, dass sie eher mau werden, die die dann total überraschen, aber ich muss schon sagen: Das ausverkaufte Backstage hat schon eine verdammte Messlatte nach oben gelegt.
HTTB: Wie kommt es denn eigentlich dazu, dass ihr beim Munich Mash spielt, habt ihr heimliche, versteckte Skatertalente von denen keiner weiß oder endet ein Versuch auf dem Board eher wie die Kombination aus Kanninchenbau und Schlittenfahrt?
Ingo: Genau! Punkt für dich!
Guido: Ich bin früher viel Skateboard gefahren und Jan Dirk auch aber wir haben uns irgendwann Skateboard und Snowboardverbot selbst auferlegt, nachdem Eike sich zwei Wochen vor der Europatour den Arm gebrochen hat. Ich würde gerne wieder fahren, auch wenn ich vielleicht zu alt bin und die Knochen das nicht mehr mitmachen, weil es bockt schon, war immer ziemlich geil.
HTTB: Würde es noch gehen? Würdest du noch einen Trick hinkriegen, Guido?
Guido: Die anderen dürfen jetzt nicht zuhören, ich bin letztens wieder gefahren, das ging auf jeden Fall noch. Ein Kickflip geht noch, ein 180 und so. Da bin ich schon stolz drauf.
Ingo: Ich kann mit der Bierflasche einen 0.33! In einem Zug leer machen! Zieh dir das mal rein! Ich hätte mir ja gewünscht, dass ich gut skaten könnte, ich hab früher auch ein Skateboard besessen, aber ich war nicht gut, braucht man gar keinen großen Hehl draus machen. Knochenbrechen kann man sich ja auch ganz gut auf der Bühne, da brauch ich kein Skateboard für.
Guido: Es gibt aber einfach eine Verbindung zwischen Skaten, der Attitude von früher und der Punkrockattitude.
Ingo: Skatecontest und Musik, das passt einfach wie Arsch auf Eimer.
HTTB: Apropos Musik, ihr seid gerade auf dem Weg in Richtung eures 1000. Konzertes. Gibts etwas, das euch da ganz tief in Erinnerung geblieben ist?
Ingo: Man attestiert mir, ich hätte ein Elefantengedächtnis und vielleicht ist das wirklich so etwas wie eine Inselstörung, aber ich kann mich wirklich an jedes Konzert erinnern. Aber für mich war die vielleicht wichtigste Lektion in der frühen Donotsphase herauszufinden, was auf einem Konzert machbar ist und was nicht. Wir haben damals mit den Dwarfs gespielt, eine ganz fantastische Punkband aus den USA, die sich auch gerne mal auf der Bühne ausziehen, das volle Programm also. Wir waren zwei Supportbands und haben eine Dreiviertelstunde gespielt, die Dwarfs sind auf die Bühne gegangen, haben 18 Minuten gespielt um ihr Leben, dann ist der Sänger ins Schlagzeug gesprungen, es war alles voll Blut und das Konzert war vorbei. Ich hab gedacht, wenn ich mich jetzt umdrehe, sehe ich ganz viele Leute, die den Laden anzünden, weil sie ihr Geld wiederhaben wollen. Aber alle haben gesagt: Woah, das waren die besten 18 Minuten meines Lebens. Das war eine ganz wichtige Lektion, was Bühnenshows angeht. Man kann einfach alles machen. Punkrock ist wie Malen nach Zahlen, das kann eigentlich jeder, es ist aber auch alles erlaubt und das geil.
HTTB: Gute Ansage, aber so muss eine Liveshow wirklich laufen! Ich erinnere mich noch an viele super Konzertmomente ganz speziell hier in München, habt ihr da einen Lieblingsmoment?
Ingo: Ich weiß noch, dass wir im 59/1 damals gespielt haben und da war es so heiß, dass nach dem zweiten oder dritten Lied der Schweiß von der Decke getropft ist.
Guido: Ach und der Laden, in dem am Ende wirklich Pfützen auf dem Boden waren… wie hieß der noch?
Ingo: Elserhalle! Die war gerade eröffnet worden und die hatte noch keine Klimaanlage. Wir waren da drei Bands. Es war bei uns schon nicht mehr auszuhalten und als Millencollin gespielt hat gabs Wolken und es hat Schweiß geregnet von der Decke! So muss das!
[…] Interview geht es hier […]