Manchmal passiert das, dass man ein Lied hört, der Kopf hochschießt und man nur zuhört, weil in diesem Moment alles passt. Das perfekte Lied zur perfekten Zeit. Das ist so magisch und so selten wie Liebe auf den ersten Blick, aber es fühlt sich wahrscheinlich ungefähr genauso an. Man bekommt dieses eigenartige Herzklopfen, ist völlig fokussiert auf das Hier und Jetzt und weiß, dass gerade etwas ganz Besonderes geschieht. Ungefähr das ist auch das Gefühl, das ich hatte, als ich „Numbers“ vom Anfang April erschienenen Album Golden Cage von Bombee hörte.
Die Frage, die dann nach dem ersten Hören blieb, war: Wer verdammt nochmal ist diese Band, die klingt als wäre sie aus der feinsten britischen Indieschmiede entstiegen, nicht ohne einen kleinen Abstecher in den Norden Europas zu machen und sich dort von Musikern wie Ásgeir Trausti inspirieren zu lassen, um daraus einen absolut zauberhaften Sound zu kreieren, der sich so vertraut und doch gleichzeitig so aufregend neu anfühlt? Wer steckt dahinter? Eine Band aus Amerika? Doch Skandinavien? England? Eine kurze Recherche brachte dann aber eine riesige Überraschung ans Licht. Keine der Vermutungen traf zu: Bombee heißt die Band, die mich so gepackt hatte und sie kommen aus Deutschland. Genauer gesagt aus Chemnitz. Moment. Chemnitz? Wow. Ok. Einmal durchatmen und das gerade erschienene Album bestellen.
Nach dem ersten Hördurchlauf bestätigte sich dann aber, was „Numbers“ schon angedeutet hatte: Feinsten Future-Pop hat das Trio rund um Phillip Roeder in die Welt hinausgeschickt. Mit „Clear Lines“ und „More than Friends“ landen Bombee noch einmal zwei weitere absolute Volltreffer. Dabei ist es eigentlich schwer, bestimmte Tracks hervorzuheben, „Golden Cage“ funktioniert als komplettes Album einfach extrem gut. Entschlackt von allem unnötigen tonalen Ballast und fokussiert auf das Essenzielle konzentriert sich „Golden Cage“ auf den Kern der Musik: zart fließende Melodien und gutes Songwriting. Es scheint ein bisschen so als bestünden die Songs nur aus einem Grundgerüst und alles sonstige schmückende Beiwerk ist schlicht vergessen worden, aber genau diese Reduziertheit aufs Nötigste tut den Songs eben auch so verdammt gut. Zum Nebenbei hören ist dieses Album jedoch definitiv nicht gemacht: „Golden Cage“ fordert seine Aufmerksamkeit ein. Man kann nicht nicht hinhören, vielmehr zwingt es einen tatsächlich, aktiv zuzuhören, um Nuancen zu entdecken und genau deshalb zieht es einen auch so schnell in den Bann. Selten ist das nämlich geworden, dass Musik auf diese Art funktioniert und noch seltener, wenn wie bei Bombee jeder künstliche Bombast fehlt. Trotz des absoluten Minimalismus klingt das Album interessanterweise überhaupt nicht steril oder kühl, wie man es bei dem musikalischen Ansatz vielleicht erwarten würde. Vielmehr wirkt es auf einer absolut emotionalen Ebene, pathetisch ausgedrückt: „Golden Cage“ fühlt sich ein bisschen an wie eine flauschige Kuscheldecke. Absolute Wohlfühlzone. Sogar ein bisschen intim vielleicht. Und genau deshalb ist dieses Album auch so schön.
Es ist großartig, was das Chemnitzer Trio da gezaubert hat und wer weiß: vielleicht geht es ja doch irgendwann nach Amerika, England. Oder doch Skandinavien. Einen Vergleich brauchen sie mit ihrem neuesten Album nirgendwo scheuen. Großes Musikkino ist das.
[…] So lautete unser Endurteil in unserem vorangegangenen Albumreview. […]