„You’re from Germany?“ fragt Conan O’Brien die zwei jungen Herren, die gerade auf der Bühne seiner Late Night Show gespielt haben. „Yes“ antworten sie zurückhaltend.
Milky Chance sind ein Phänomen. 2013 landeten sie mit „Stolen Dance“ einen Welthit und das völlig überraschend. Zuvor luden sie ihren Song auf YouTube hoch, inzwischen wurde er mehr als drei Millionen Mal geklickt und die Single verkaufte sich weltweit fast vier Millionen Mal. Jetzt haben Clemens Rehbein und Philipp Dausch alias Milky Chance aus Kassel ihr zweites Album Blossom veröffentlicht.
Milky Chance veröffentlichen neues Album Blossom
Es ist wohl Milky Chance’ eingängiger Sound, der beim Hörer direkt ins Ohr geht und dort auch bleibt. Eine Mischung aus Folk und elektronischer Musik. Dazu noch Clemens’ markante Stimme. Da ist es dann auch egal, ob ihre Lyrics Sinn machen oder nicht.
Als ihre erste Single groß einschlägt gründen die Abiturienten eine eigene Plattenfirma und finanzieren somit auch ihr Debütalbum Sadnecessary selbst. Major Deals, die ihnen zum damaligen Zeitpunkt bereits angeboten wurden, schlagen sie aus. Sie glauben an ihre eigene Philosophie. Freunde unterstützen sie und inzwischen ist ihre Plattenfirma stetig gewachsen. Natürlich haben sie auch ihr Nachfolgealbum dadurch veröffentlicht. Diesmal stand ihnen mit Tobias Kuhn ein Songwriter als Unterstützung zur Seite, der bereits mit den Toten Hosen oder Clueso kooperiert hat. Doch das ist nicht die einzige Person, mit der die Kasseler zusammengearbeitet haben. Auch mit dem berühmt berüchtigten Produzenten Rick Rubin (Beastie Boys, Red Hot Chili Peppers, Adele) haben sie sich in den USA getroffen, nachdem dieser auf das Duo aufmerksame wurde. Doch das habe sich „zu weit Weg angefühlt“, so die Band. Also wieder zurück nach Kassel, zurück zu den Wurzeln, wo sie schon seit ihren Schulzeiten gemeinsam Musik machen, weit bevor sie durch die Welt tourten.
Mal funky, mal poppig, mal ganz ungewöhnlich neu
Auf Blossom sind Milky Chance ihrem ganz eigenen Sound treu geblieben. Viele Akustikgitarren, Picking, elektronische Beats, mal etwas funky, mal etwas poppiger. Doch eigentlich oft relativ ähnlich klingend. Natürlich ist die erste Single „Cocoon“ jetzt schon ein Ohrwurm und definitiv ein Garant für den Sommerhit 2017. Auch der Titeltrack „Blossom“ geht in dieselbe Richtung.
Dazwischen gibt es aber auch immer wieder Songs, die man oftmals gar nicht voneinander unterscheiden kann, so gleich klingen sie. Alles ein bisschen relaxt, benebelt und chillig. Es versetzt einen definitiv in ein sommerliches Feeling. Man freut sich jetzt schon auf die Festivalsaison mit einem kalten Bier in der Hand, vor der Bühne stehend.
Dann wiederum finden sich einige Highlights auf dem Album, wie beispielsweise das eher ruhigere „Stay“, das zeitweise an das legendäre Nirvana Unplugged erinnert. Nur wenig Beats findet man hier im Hintergrund, hauptsächlich hört man Akustikgitarre gepaart mit Clemens’ Gesang, der natürlich auch auf ihrem Nachfolgeralbum erneut sehr rauchig, tief klingt, teilweise aber auch an Luke Pritchard von The Kooks erinnert.
Auch „Alive“ kommt etwas anders, ungewohnter daher. Sehr basslastig gepaart mit Percussions. Mit „Piano Song“ haben Milky Chance – wie der Name schon verrät – das Klavier ausgekramt und einen wunderschönen Song mit Pianomelodie aufgenommen. Ruhig, melancholisch und vor allem auch stimmlich ein Highlight auf dem Album.
Das ungewöhnlich lange „Heartless“ beendet das Album schließlich. Der Song kommt fast ohne Gesang aus und steht trotzdem sehr für sich, vor allem weil hier ausnahmsweise mal die E-Gitarre im Vordergrund zu hören ist, fast schon ein bisschen psychedelisch angehaucht.
Es scheint ein wenig so, als hätten Milky Chance zum Ende ihres Albums plötzlich doch noch ein paar neue musikalische Einflüsse für sich entdeckt. Im Gegensatz zur ersten Hälfte des Albums klingen die letzten drei Songs nämlich erfrischend anders, so gar nicht typisch für Milky Chance.
Internationale Festivals und Auftritte in US-Late Night Shows
Bleibt abzuwarten, inwiefern sich das Phänomen des Kasseler Duos weiterverbreitet. Ob sie erneut eine ausverkaufte USA- und Kanada-Tour spielen, wo sie sogar von ihren Fans auf der Straße erkannt werden. Vor allem die Amerikaner scheinen die Band dank ihres chilligen, einfachen Sounds zu lieben und sind auf den Konzerten extrem textsicher. Doch neben ihren weltweiten Touren haben sie auch schon Station auf den bekanntesten Festivals der Welt gemacht: Coachella, Glastonbury und Lollapalooza (Berlin) – um nur einige zu nennen. Mit gerade mal 24 Jahren haben Milky Chance jedenfalls schon das erreicht, wovon viele Musiker noch träumen.
Auf ihrer Tour durch die Staaten wurden Milky Chance vom BR begleitet, der das Phänomen der Band noch ein bisschen deutlicher beleuchtet. Das Ganze gibts HIER zu sehen.
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