Die „Keine Nacht für Niemand“-Tour von Kraftklub ist schon seit einigen Wochen vorbei – zumindest der erste Teil. Wir schauen noch einmal zurück, denn wir waren in Dortmund und Frankfurt mit von der Partie, um gemeinsam mit den Chemnitzern abzugehen.
Keine Nacht für Dortmund
Manche Fans harrten schon seit Stunden vor der Westfalenhalle aus, um auch ja einen Platz in der ersten Reihe zu ergattern. Sogar das rote Kreuz musste anrücken, um den einen oder anderen unterkühlten Fan zu versorgen. Hier wurde sich offenbar nicht wettertauglich gekleidet. Aber egal. Die Tatsache, dass Sänger Felix Brummer bereits am Nachmittag bei einem Rundgang durch die Halle die wartenden Fans im Eingangsbereich begrüßte, hat den einen oder anderen sicherlich kurz die Kälte vergessen lassen. Dumm nur, dass er hinter einer Glastür stand. Die wartenden Fans werden es vermutlich in die erste Reihe geschafft haben – dort hieß es dann aber nochmals Warten, bis die Vorband Von Wegen Lisbeth die Bühne betrat
Die Berliner wurden extrem gut empfangen vom Dortmunder Publikum. Ihre eingängigen Lieder waren so manchem vor der Bühne auch schon bekannt und so wurde am Ende ihres halbstündigen Sets sogar eine Zugabe gefordert. Doch stattdessen wurde bereits der rote Vorhang mit dem obligatorischen „Keine Nacht für Niemand“-Schriftzug hochgezogen und die Bühnentechniker bereiteten alles für die große Nacht vor. Pünktlich um 21 Uhr begannen die Karl Marx Städter dann mit „Hallo Nacht“ vom neuen Album ihr Set. Als der Vorhang fiel flippten die Fans bereits aus und sangen lauthals mit. Das Publikum in Dortmund entpuppte sich als äußerst textsicher, was sich im späteren Verlauf des Konzerts noch zeigen sollte.
Kraftklub mit abwechslungsreicher Setlist
Die Setlist bot eine bunte Mischung aus allen drei Alben. Und weil Kraftklub eben inzwischen schon eine ordentliche Anzahl an Songs auf dem Buckel haben, baten sie kurzerhand in der Mitte des Sets einen Fan auf die Bühne, der an einem Songglücksrad drehen und damit den nächsten Song bestimmen durfte – es hätte aber auch „eine Kippenpause“ werden können. Wurde es zum Glück nicht. Stattdessen folgte das schweißtreibende „Scheissindiedisko“.
Ein weiteres Highlight für die pogowütigen Fans war das Cover von „Schrei nach Liebe“, das Kraftklub kurzerhand gemeinsam mit ihrer Vorband spielten. 10 000 Kehlen sangen lauthals den Ärzte Klassiker mit. Apropos singen: kurz bevor die Band ihre Single „Chemie Chemie Ya“ spielte, wollte Sänger Felix von den Fans wissen, wie gut denn ihre Rapskills seien. Er forderte das Publikum auf, den Song akapella anzustimmen. Was bisher schon in anderen Städten gut klappte, wurde in Dortmund offenbar getoppt: Die Fans schafften nicht nur die erste Strophe fehlerfrei mitzurappen, sondern auch noch den Refrain! Die Band war sichtlich überrascht, Brummer schlug die Hände über dem Kopf zusammen. „Das ist jetzt wirklich kein Scheißgelaber, Dortmund“ sagte er. „Aber keine Stadt war bisher so gut wie ihr!“. Man nahm es ihm ab. Das Publikum feierte anschließend sich selbst und sang erneut mit, als die Band den Song endlich selbst anstimmte.Nach dem Hauptset verließen Kraftklub die Bühne, um nach ein paar Minuten am anderen Hallenende auf einer zweiten Bühne wieder zurückzukommen. „Damit auch die Leute hier hinten uns mal zu Gesicht kriegen“ grinste Brummer.
Wettcrowdsurfing als neue Olympische Disziplin
Nach dem Hauptset verließen Kraftklub die Bühne, um nach ein paar Minuten am anderen Hallenende auf einer zweiten Bühne wieder zurückzukommen. „Damit auch die Leute hier hinten uns mal zu Gesicht kriegen“ grinste Brummer.
Hier wurden dann die Klassiker angespielt: „Ich will nicht nach Berlin“, „Schüsse in die Luft“ und schließlich natürlich der Klassiker: „Randale“. Dabei wurde sich mal wieder hingesetzt und aufgesprungen. Man solle einfach alles hochwerfen, was man so auf dem Boden findet. „Oder auch einfach mal den Schlüssel wegwefen“ scherzte der Sänger. Mit im tanzenden Pogo waren übrigens auch einige Väter, die offenbar ihre Töchter zum Konzert begleitet haben. Fleißig hielten sie ihren Töchtern die pogende Menge vom Leib – oder stürzten sich auch selbst in den Pit – und trugen brav die Crowdsurfer von A nach B.
Stichwort Crowdsurfen. Darin hat die Band inzwischen selbst ja eine eigene olympische Disziplin erfunden. Um von der hinteren B-Stage wieder zurück auf die Hauptbühne zu gelangen liefen sie nicht einfach durch die unterirdischen Katakomben – nein, das wäre ja langweilig. Stattdessen sprangen alle Bandmitglieder in die Menge und ließen sich zurück zur Bühne tragen. Wer als erstes ankam, gewann. An diesem Abend war das Sänger Felix, der sich daraufhin feiern ließ „obwohl ich ja eine sehr bescheidene Person bin“ witzelte er. Die Freude schien vor allem deshalb so groß gewesen zu sein, weil in den Abenden zuvor jedes Mal Gitarrist Steffen Israel das Rennen machte.
Heiratsantrag statt Erdbeben
Zurück auf der Hauptbühne wurde noch ein weiterer Klassiker angespielt: „Songs für Liam“. Als das Publikum gerade zum Ende des Songs andächtig dabei war, die Melodie von „Hey Jude“ mitzusingen, fragte Felix ins Mikro, ob ein Torben da wäre und ob sie „ja“ gesagt hätte. Offenbar hatte ein Fan zuvor bei der Band schon angekündigt, dass er seiner Freundin im Pit einen Antrag machen wolle. Gesagt, getan. Sie hat ja gesagt und das frisch verlobte Paar wurde zur Feier des Tages vom Publikum zur Bühne getragen, wo Brummer sie mit einem High Five begrüßte und beglückwünschte.
Letztlich hat es vielleicht nicht von der Decke getropft, wie in Münster – dafür war die Halle womöglich auch zu groß – oder ein Erdbeben ausgelöst, wie in Leipzig, aber die Chemnitzer haben eine verdammt lange Show geboten und ihren Fans einiges an sportlichen Konzertaktivitäten abverlangt. Dabei fiel dann auch eine Person im Publikum auf, die so rein gar nicht an dem Geschehen auf der Bühne interessiert war, sondern eher an den Handys der Konzertbesucher. Einige Fans beobachteten einen Handydieb und kontaktierten die Security. Die Band sah das Ganze von der Bühne aus ebenfalls und ließ den Dieb rausschmeißen – direkt in die Hände der Polizei. Schön zu sehen, dass solche Langfinger offenbar doch keine Chance mit ihrer Masche haben.
Das Konzert stand also ganz im Zeichen des Mottos „Keine Nacht für Dortmund“. So entließen die Chemnitzer ihre Fans auch erst weit nach 23 Uhr in die Nacht – die dann ja aufgrund der Uhrenumstellung doch noch länger andauerte. Die Band selbst kündigte an, sie würden anschließend noch ein bisschen um die Häuser ziehen, was sie dann auch taten und offenbar im Oma Doris in Dortmund unterkamen – sie nehmen ihr Motto eben sehr ernst. #KeineNachtFürNiemand.
Keine Nacht für Frankfurt
In Hessen zu wohnen ist selten von Vorteil – außer es geht um die „Keine Nacht für Niemand“-Tour 2017. Da fand das Tourfinale nämlich in Frankfurt statt und wer Kraftklub kennt, der konnte sich schon im Vorhinein ausmalen, dass das Publikum so einiges erwartet.
Mit einer acht Frau-und-Mann starken Gruppe mussten wir auch nach Einlassbeginn noch ein wenig vor der Festhalle warten, schafften es dann aber trotzdem noch in den ersten Wellenbrecher, wo wir uns direkt mit den anderen Fangruppen um uns herum anfreundeten. Ehrlich, Kraftklub Fans sind super nett! Das wurde dann später auch noch mal bewiesen, als es in den Pits immer fair und vor allem mit viel Liebe zuging. Leider gab es bei uns keinen Heiratsantrag… dafür sehr niedliche Momente, wenn die vereinzelten Paare um uns herum sich bei „Am Ende“ anschauten und verliebt mitsangen „doch ganz egal, woran ich gerade denke – am Ende denk ich immer nur an dich!“
Kraftklub lassen Stripper tanzen
Aber nun zum eigentlichen Merkmal eines Tourfinales – die, wie Felix so schön formulierte, Pranks. Es ging direkt bei Von Wegen Lisbeth los, die auch in Frankfurt beim Publikum schon super ankamen. Passend zum Songtitel „Wenn du tanzt“ kam auf einmal ein Polizist auf die Bühne. Jedoch ein sehr gut gebauter und gebräunter Polizist… der dann kurz darauf begann, sich rhythmisch im Takt zu bewegen. Direkt war seine eigentliche Berufsbezeichnung klar und das Publikum reagierte mit einer Mischung aus Überraschung, Freude und vielleicht auch ein ganz wenig Ekel. Weiter ging es direkt im Freeze beim Song „Eure Mädchen“, bei dem die Band mit bunten Federboas, Sonnenbrillen und Steffen sogar mit einem Dracula-Kostüm dekoriert wurden. Wahrscheinlich war das dann auch der längste Freeze, den die Band jemals überstehen musste…
Endlos drehende Drehscheibe
Besonders schön war es allerdings, als die Drehscheibe herausgebracht wurde, die über die nächste Songauswahl entscheiden sollte. Wie immer suchte sich Felix einen Fan aus, der dann kräftig daran drehte – allerdings schien er Superkräfte zu besitzen, denn die Drehscheibe wollte gar nicht aufhören, sich zu drehen. Während man im Publikum schon Lachen hörte, checkte Felix allerdings gar nichts – tatsächlich stand er so lange auf dem Schlauch, dass die Drehscheibe von der Crew manipuliert worden war, dass seine Verwirrung zum eigentlich Gag wurde. Aber keine Angst, Felix – wir haben nicht über dich, sondern mit dir gelacht.
Doch jetzt zurück zum Konzert – schön war’s. Wirklich schön! Mir hat in der Setlist zwar „Venus“ vom neuen Album gefehlt, aber dafür habe ich mich umso mehr über das wunderbare Medley gefreut. Ganz ehrlich, Kraftklub sind Kings von Medleys! Hierbei erlebte ich auch meinen schönsten katharsischen Moment: Beim Song „Liebe“ kann man eben so schön „ich hasse ihn, ich hasse alle, die noch kommen werden“ mitschreien und somit alle Exfreunde noch einmal in Ruhe verfluchen.
Gelungener Tourabschluss
Ein anderer, wunderbarer Moment, der auf keinem Kraftklub-Konzert fehlen darf: Randale. Wahrscheinlich der beste Livesong der Band. Und wenn man dann noch aufspringt, dabei Müll hochwirft und sich von allem Dreck und Scheiß befreit, dann wird er noch besser. Und auch, wenn das Konzert in der Festhalle in Frankfurt die größte Soloshow ihrer Karriere war, so muss ich mich hier doch vorm Dortmunder Publikum verneigen: im Gegensatz zu ihnen kackte das Frankfurter Publikum nämlich irgendwann in der ersten Strophe von Chemie Chemie Ya ab – und auch, wenn wir uns zum Refrain wieder fangen konnten, so geht die Krone für das textsicherste Publikum wohl an die Dortmunder. Touché! Dafür hatten wir Pranks, einen doch recht nervös-verwirrten Felix und vor allem den schönsten Abend seit langem.
Dank geht raus an Franzi für ihren Bericht aus Frankfurt!
[…] Pott mit den Lemmingen und schließlich die große „Keine Nacht für Niemand„- Tour in Dortmund. Live macht die Band unfassbar viel Spaß. Es wird getanzt, gepogt und gesprungen. Mehr als zwei […]