„München, große Liebe!“, schweißüberströmt steht Marteria nach gut zwei Stunden auf der Bühne des Münchener Tollwood Festival. Inzwischen hat es in dem Konzertzelt tropische Temperaturen, der Schweiß tropft von der Decke und die Klimaanlage hat chancenlos ihren Dienst quittiert. Aber das sind die nötigen Faktoren, die aus einem guten Konzert ein legendäres machen.
Schwerer Start für Marteria
So recht sah das zu Beginn jedoch nicht danach aus. Voract Chefket zündet nicht richtig beim Münchener Publikum und auch als Marteria selbst auf der Bühne steht, kommt das Publikum nur schwer in Schwung. Klar, Songs wie „El Presidente“ funktionieren und sind doch recht tanzbar, vor allem mit Geheimwaffe Kid Simius, der seinen eigenen Fanclub in München hat. „Blue Marlin“ ist zwar wunderschön und vermutlich die schönste Liebeserklärung, die ein Fisch je bekommen hat, aber zünden tut es nicht. Der Funke springt einfach nicht so recht über, das Publikum beobachtet das Geschehen auf der Bühne eher verhalten. Selbst Songs wie „Alles verboten“, das eigentlich förmlich zum Tanzen einlädt, verpuffen. Gut, in diesem Fall ist die Erklärung leider leicht gefunden: Chefket nimmt dem Song jeglichsten Drive. Es fehlt die Energie, Casper fehlt hier einfach. Das Ganze ist extrem schade, denn eigentlich ist der Song ein absoluter Banger, der live verdammt viel Spaß macht.Übrigens schade, dass Casper nicht mit dabei ist. Angesichts der erst am Wochenende angekündigten gemeinsamen Kollaborationsplatte der beiden wäre das Konzert eigentlich ein extrem guter Promoort gewesen. Was ist also passiert, dass es doch noch zur großen Liebe zwischen München und Marteria wurde?
Green München erwacht aus der Müdigkeit
Die Antwort ist denkbar einfach: Marsimoto (Marterias alter Ego; Anm. d. Red.) kommt für drei Lieder zu Besuch und steigt aus seinen grasgrünen Sphären herab. Aus dem lahmen Münchener Publikum wird in kürzester Zeit Green München, Songs wie „Grüner Samt“ haben ihre ganz eigene Energie. Das weckt die Münchener aus ihrer Lethargie, was danach passiert, ist eine 180 Grad Wendung. Statt gelangweiltem Rumstehen ist plötzlich Eskalationsstufe 1 angesagt. Passend dazu packt Marteria alle seine Hits aus. „Verstrahlt“ begeistert genauso wie „OMG“ oder „Kids“, bei dem man das Gefühl hat, dass die Zeltwände zu beben beginnen, vor lauter Publikumsgesang. Marteria hat seine Leute endlich da, wo er es braucht. Jeder einzelne frisst ihm aus der Hand.
Schweißtreibendes Ende
Mit „Feuer“ holt er zum endgültigen schlag aus. Glühend heiße Pyro steigert die Temperatur im Konzertzelt aufs fast unerträgliche. Moshpits bilden sich, das Münchner Publikum dreht durch. Auf einen kurzen Wink von Marteria sitzt plötzlich das ganze Publikum am Boden und springt gemeinsam auf, Eskalationsstufe 2 wäre damit erreicht. Mit den gefühlt ewig währenden letzten 10 Sekunden holt Marteria dann noch einmal das letzte aus sich und seinen Fans heraus, fordert einen letzten großen Pit, klettert von der Bühne und geht auf Tuchfühlung mit dem Publikum. Aus dem, was danach geschieht, gibt es kein Entrinnen. Das Zelt verwandelt sich in ein einziges Tollhaus, selbst hartgesottene Moshpitbesucher verlieren hier kurz den Boden unter den Füßen, durchdrehen ist angesagt. Marteria selbst ist im Publikum verschwunden. Irgendwann taucht er als Crowdsurfer auf und lässt sich zur Bühne zurücktragen. Erschöpft aber sichtlich glücklich winkt er hinterher ins Publikum. Es war ein hartes Stück Arbeit, jeder hat alles gegeben und am Ende stimmen seine Worte: München und Marteria, es ist eine große Lovestory.
Galerie:
Bilder @wearephotographers
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