„Hallo, ich bin’s, der Felix! Ein Kumpel von Max…“, begrüßte Felix Brummer das Mädchen am Telefon. Sie hatte es wegen einer Grippe nicht aufs Konzert geschafft. Ehrensache, dass der Frontmann von Kraftklub da erst einmal persönlich anruft, um zu fragen, wie es ihr denn geht. Am anderen Ende der Leitung herrschte übrigens erst einmal Stille, bis das Mädchen verstand, wer sie da gerade anrief. Dann durchschallte ein lautes „Oh mein Gott!“ das Münchner Zenith.
Einen grundsympathischen Auftritt legten Kraftklub an diesem Abend im restlos ausverkauften Zenith hin. Wenn man ihnen eines anmerkte, dann, dass sie unendlich viel Spaß auf der Bühne haben und bei ihrer Zeit als Supportband für einige große deutsche Bands ( u.a. Beatsteaks) definitiv gelernt haben, wie man mit einer großen Menschenmenge umgeht. Etwas, das die Konzertbesucher gerne annahmen, waren sie schon von Beginn an ein feierwütiger Mopp, der eigentlich nur eines wollte: Party. Oder eben „Randale“. Da sprang das 16-jährige Mädchen neben dem doch eher betagten Konzertveteran durch den Moshpit und alle wollten sie nur die fünf Chemnitzer sehen, die sich nicht lange bitten ließen und schon gleich zu Beginn einen ihrer größten Hits „Ich will nicht nach Berlin“ auspackten. Ab da spielten sie sich quer durch alle Alben, gesanglich tatkräftig unterstützt vom frenetisch feiernden Münchner Publikum. Eines der Highlights des Abends war allerdings eine traditionelle Coverversion des Ramones Klassikers „Blitzkrieg Bop“, bei welchem der Sänger der herausragenden Vorband „Play Fellow“ zum Mikro griff. Hier zeigte sich ein deutlicher Unterschied im Publikum: Die einen rasteten mit in die Luft gereckter Faust und laut „Hey Ho Let’s go“ brüllend aus, die anderen guckten etwas verstört aus der Wäsche, klang das doch so gar nicht nach Kraftklub.
Versöhnt wurden sie dann aber spätestens, als Kraftklub plötzlich mitten im Zenith beim Soundmann auftauchten und die Münchner fragten, ob sie jetzt alle eine Gang wären. Eine Frage, der jeder wohl nur zustimmen konnte, hatten Kraftklub es bisher doch geschafft im Zenith eine doch eher clubartige Stimmung aufkommen zu lassen. Passend dazu wurde dann dort „Deine Gang“ performed, ein Song vom neu erschienen Album „In Schwarz“. Eine nette Idee, wenn es auch ein lustigerweise sehr seltsames Gefühl ist, ein Konzert „verkehrt herum“ anzugucken. Wie kommt man aber nun als gestandener Rockmusiker stilsicher wieder zurück zur eigentlichen Bühne? Kraftklub hat dazu seine eigene Antwort. Es nennt sich „Wettcrowdsurfen“. Eine Idee, die den diesjährigen Festivalsommer vielleicht bestimmen wird, weil es ja eine so tolle Idee ist, behauptete Frontmann Felix. Das Prinzip, das dahinter steckt ist tatsächlich einfach, aber ein unvergleichlicher Spaß: Es treten alle Bandmitglieder gegeneinander an. Wer zuerst vom Publikum getragen wieder an der Bühne ankommt, gewinnt. Regeln gibt es keine. Eingezählt und mit einer auf Grün springenden Ampel ging es dann los und es zeichnete sich schnell ab: Sänger Felix hatte die richtige Technik und ein fixes Publikum an der Seite. Bruder Till dagegen stürzte auf dem Weg zur Bühne auf halber Strecke ab und war damit aus dem Rennen um den Abendsieg. Der ältere der Brummer-Brüder stellte sich dabei am Besten an und konnte das Rennen mit anschließender Selbsthuldigung für sich entscheiden. Was darauf folgte war noch einmal eine ordentliche Party mit Flitterregen und Gesangschören des Publikums bei „Songs für Liam“ und den (vermutlich von den Donots geklauten und adaptierten) „Dreckraketen“, ein Muss auf inzwischen wohl jedem Konzert, bei dem die Zuschauer sich beatsteakslike in die Hocke gehen, um beim anschließenden Aufspringen allen möglichen vom Boden aufgehobenen Unrat in die Luft zu werfen. Klingt ekelig, ist es auch, wenn zertretene Pappbecher und von Bier und Dreck getränkte Flyerreste auf einen herabregnen, aber ein großer Spaß bleibt es dennoch. Mit „Scheiß in die Disco“ fand der Abend dann einen gebührend tanzbaren Abschluss.
Nach dem Konzert stand beim Blick in die Gesichter des Publikums aber eines fest: Das Grinsen war eingetackert und ja, München ist eure Gang, Kraftklub!! Da braucht ihr nicht zweimal fragen.
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