Es gibt Künstler, von denen weiß die Welt nicht, wie großartig sie sind. Tua gehört dazu. Anders lässt es sich nicht erklären, dass dieser in einer kleinen Location wie dem Technikum spielt, welches obendrein nicht ausverkauft ist. So richtig erklärt sich das nicht, denn das, was Tua an diesem Abend auf die Münchener Bühne zaubert, sucht seines Gleichen.
Tua scheißt auf musikalische Grenzen
Schon beim Betreten der kleinen Halle im Werksviertel wird klar: Das wird heute besonders. Die einzigen Lichtquellen, die vor dem Konzert leuchten sind kleine, dunkelrote Deckenstrahler, im Hintergrund hört man leise, sphärische Klänge, man fühlt sich wohlig geborgen. Durchatmen. Entspannung. Ruhe.
Was dann live auf der Bühne folgt, lässt sich mit Worten kaum erklären. Man muss da gewesen sein und es gefühlt haben. Tua schafft mit seiner Musik für 80 Minuten ein eigenes kleines Universum, das losgelöst ist von allem, was sich außerhalb des Technikums befindet. Mit jedem Song wird die Energie im Raum und die Kluft zwischen Realität und der musikalischen Sphäre, in die Tua sein Publikum treibt, immer größer. Man lebt für den Moment. Singt. Tanzt. Ist sich bewusst, dass hier gerade Großes geschieht. Musikalisch lässt sich Tua kaum einordnen, irgendwo zwischen Hip Hop-Trip-Elektro-House und Akustik macht er, was seinem ästhetischen Empfinden gefällt. Normen und Genres gibt es für ihn nicht, er sprengt musikalische Grenzen bewusst und schafft fließende Übergänge. Das ist wohl die Art von Livemusik, die man als „große Kunst“ bezeichnet.
Lässig. Nicht nur fürs Feuilleton
Das klingt nach einem Konzert für Feuilleton-Liebhaber und unfassbarer Ernsthaftigkeit? Unter keinen Umständen! Tua hat genau die Leichtigkeit auf der Bühne am Start, die es benötigt. Er erweist sich als Bühnenschussel, mit einer guten Portion Selbstironie. Mal funktioniert der Schalter hier nicht, mal geht das Mikro aus, mal fällt der Mikroständer um. Oder um es mit Tua zu sagen „For the Record: Der hat mich angegriffen.“ Ganz locker spielt er sich durch grandiose Stücke wie „System“ oder „Moment“, lässt Bässe schonungslos und weich zugleich durch das Technikum wabern. Mit „Dana“ bringt er dann auch die letzte Person zum Tanzen. „Danke, dass ihr mir so viel Energie zurückgebt, ich war am Anfang nicht so richtig drin.“ wird Tua am Ende des Konzertes sagen. Man hat es zu keiner Sekunde gespürt, vielmehr flossen Tuas Soundkonstrukte energetisch durch die Halle.
Mehr als nur Talent
Hin und wieder tritt er hinter seinem Instrument hervor und es wird klar: Hinter dem Mann am Keybord versteckt sich nicht nur ein grandioser Produzent und Sänger, nein, da sitzt auch einer der talentiertesten Rapper, die dieses Land zu bieten hat. Mit „Feuer&Öl“ zollt er den Orsons seinen Tribut, alle langjährigen Fans können sich auch über Songs seines Debütalbums „Grau“ freuen, mit welchem Tua vor knapp zehn Jahren ganz unauffällig die Deutschrapwelt auf den Kopf gestellt hat. Spätestens an diesem Abend ist klar, warum sich Künstler wie Casper direkt auf Tuas Werke beziehen und warum ein gestandener Musiker wie Dendemann ergriffen dasteht, wenn Tua einen seiner Songs covert. Was Tua macht ist grandios, jede Minute dieses Abends beweist das. Oder um es mit den Worten von Visa Vie zu sagen: Es ist, als würde man Picasso beim Malen zusehen. Was bleibt ist die Erkenntnis: Es braucht mehr Künstler wie Tua. Vor allem aber braucht es mehr Tua Konzerte und mehr Menschen, die seine Musik hören.
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