„Ich möchte, dass diese Halle am Ende des Abends ein Ersatzteillager für Körperteile ist. Abgerissene Arme auf die linke Seite, einzelne Beine auf die rechte Hallenseite. Köpfe bitte unter den Arm klemmen oder auf die Bühne werfen!“, ruft Ingo Knollmann seinem Publikum zu. Die Marschroute für das Donotskonzert am heutigen Abend steht. Wir befinden uns irgendwo im dritten Song des Sets, die Münchener Tonhalle hat sich bereits in ein völliges Tollhaus aus tanzenden und singenden Menschen verwandelt. Vorbereitet wurde die ganze Aktion ganz wunderbar von ZSK, die das Publikum schon gut angeschwitzt hatten.
Die Geburtsstunde der „ShoeNots“
Die fünf Westfalen auf der Bühne freut der Umstand des zu allem bereiten Publikums diebisch. Spätestens als die ersten Schuhe auf die Bühne fliegen, ist Ingo Knollmann endgültig begeistert und begründet gleich den abendlichen Standardpublikumsgesang, indem er die Band kurzfristig in „ShoeNots“ umbenennt. Zeit für ein kleines Selfie mit der Beute muss aber auch sein. Welch Glück, dass Gitarrist Alex vorbereitet ist und das Handy gleich mit auf der Bühne hat. „Das wird ein guter Abend, München!“, ruft der Sänger und wedelt mit seinen Schuhdevotionalien. Übrigens: Auf Ingo Knollmanns Versprechen kann man sich verlassen, er ist ein Mann des Wortes. Es wird nicht nur ein guter Abend, es wird ein gigantischer.
„Lauter als Bomben“ mehr als livetauglich
Die Donots spielen einen bunten Mix aus ihren Studioalben. Der Schwerpunkt liegt dabei natürlich bei dem Anfang 2018 erschienenen Lauter als Bomben. Neben „Aschesammeln“ und „Keiner kommt hier lebend raus“ oder dem Albumbonustrack „Piano Mortale“ gibt es auch etwas ältere Songs wie etwa „Calling“ zu hören. Fakt ist, das neue Album erweist sich als extrem livetauglich und steht seinen Vorgängern in rein gar nichts nach. „Whatever forever“ ist ein ähnlicher Knochenbrecher wie schon „Dead man Walking“ mit dem die Donots das Publikum an diesem Abend langsam aber sicher in Richtung geplantes Ersatzteillager schubsen. Spätestens als zu „Kaputt“ ein riesiger Circlepit angezettelt wird, der wohl gut die halbe Halle einnimmt, ist klar: Das Planziel liebevolle Publikumszerstörung ist erreicht. Der Boden hat sich dank Bier und Schweiß in eine blanke Schlitterbahn verwandelt, man rutscht und fällt mehr, als dass man läuft. Im Pit blickt man fin immer mehr erschöpfte und nach Luft ringende Gesichter. Sauerstoff gibt es in der Tonhalle keinen mehr, die Temperaturgrenze hat das Unerträgliche längst überschritten. Bremsen tut das aber keinen. Ingo Knollmann erbarmt sich schließlich und versorgt das Publikum von der Bühne aus mit etlichen Bechern Bier.
Für absolute Highlights auf der Bühne sorgt wie immer Guido Knollmann am Gesang. Wie auch immer und warum auch immer: Die coolsten Livesongs gehen tatsächlich auf seine Kappe. Neben „Problem kein Problem“ gibt es da nämlich seit neuestem das völlig versoffen klingende „Das Dorf war L.A.“, das so schnodderschön wie wahr ist und großes Mitgröhlpotenzial hat. Hauptsache Punk eben und mitten ins Herz eines jeden Dorfjugendlichen. Oder Exdorfjugendlichen.
Donots sorgen für ein ganz persönliches Konzertende
Als Ingo und Guido bei der zweiten Zugabe das Publikum in einem gemütlichen Sitzkreis um sich scharen, sieht man nur glücklich strahlende Menschen. Ausgelaugt aber mit einem breiten Grinsen von einem Ohr bis zum anderen hockt das Publikum auf dem schmutzigen Boden und lauscht den beiden Donots, die „Hansaring 2:10 Uhr“ zum Besten geben. Nur Gitarre, kein Verstärker. Ein ums andere Mal sorgt diese ganz persönliche Art des Konzertabschlusses für Gänsehaut und dieses donotskonzerttypische Zusammengehörigkeitsgefühl. Man wünscht sich nur noch eine weitere letzte Runde, ein Song mehr und dass dieser Abend so nie zu Ende geht.
Was war das für ein würdiger Abend für eine Band, die seit 24 Jahren konstant auf Tour ist und deren Konzerte gefühlt von Jahr zu Jahr größer und intensiver werden. Und man gönnt es den Fünfen von Herzen. In diesem Sinne bleibt nur noch zu sagen: „Ein HuHa auf die ShoeNots!“. Bis bald. Auf eine weitere Runde. Man kann nie genug Donotskonzerte sehen.
Fotos (c) Wearefotographers
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