Die Toten Hosen gönnen sich. Nicht nur sind sie vor Weihnachten noch in München zu Gast, nein, sie bespielen die Olympiahalle gleich an zwei komplett restlos ausverkauften Abenden. Hätte man ihnen das irgendwann in den frühen 80er Jahren einmal gesagt – Campino hätte vermutlich gelacht und ein Bier drauf getrunken. Jetzt, 30 Jahre später, sind die Toten Hosen erfolgreicher denn je.
Von Jugendgefährung zum Radiohit
Aus den Assipunks von früher mit dem Ruf der Jugendgefährdung sind inzwischen handzahme Herren, mit Hang zum groß klingenden und radiotauglichen Stadionrock geworden. Das bedeutet aber nichts Schlimmes, sondern nur, dass die Zeiten des rumpelnden Spaßes aus drei Akkorden vorbei sind. Heute stehen mit den Toten Hosen auch noch eine Pianistin und diverse Streicher auf der Bühne. Die Sounds der letzten beiden Alben klingen glatter, textlich differenzierter und tragen bisweilen doch deutlich die Handschrift von Marten Laciny (Marteria).
Textsichere Toten Hosen Fans
Für das Liveerlebnis ist das jedoch absolut nebensächlich. Die Toten Hosen verstehen es, eine Setlist zu bauen, die sowohl den fahneschwingenden Uraltfan als auch den geneigten Radiohörer zufriedenstellt. Neben radiotauglichen Hits wie „Wannsee“ und „Unter den Wolken“ gibt es auch Songs aus dem frühen Schaffenswerk der Toten Hosen, wie etwa „Liebeslied“. Spätestens hier zeigt sich, wer als treuer Fan unterwegs ist und inbrünstig den Refrain mitbrüllt oder bei „Pushed Again“ wütend die Faust gen Himmel reckt. Neuere Songs wechselten sich gekonnt mit Hosenklassikern wie „Hier kommt Alex“ oder „Bonnie & Clyde“ ab. An dieser Stelle muss übrigens ein riesiges Lob an die Hosenfans gerichtet werden: So sieht Textsicherheit auf einem Konzert aus.
Campino in bester Laune
Während das Publikum vor der Bühne alles gibt, ist auch Campino kaum zu halten. Mit seinen nun guten Mitte 50 springt er immer noch wie eh und je über die Bühne und sprintet von Bühnenrand zu Bühnenrand. Er animiert und unterhält, was das Zeug hält und verdient sich an diesem Abend die Krone des Königs der Überleitungen. Es vergeht kaum ein Song, der nicht mit einer perfekt passenden Überleitung und Ansage versehen ist oder mit einer kleinen Anekdote untermalt wird.
Ganz der Düsseldorfer lässt er sich einige kleine Sticheleien gegen den Fußballerzfeind FB Bayern nicht entgehen. Zuerst reagiert das Publikum kaum, Campino lässt nicht locker und stichelt weiter. Die erste richtige Wirkung zeigt sich dann, als ihm das Publikum nicht laut genug mitsingt. „Wären wir hier in Nürnberg, wäre das ok. Aber in München?“, kommentiert er lakonisch. Dafür erntet er endlich die gewünschten Pfiffe und einen ohrenbetäubenden Gesang. Campino hat sein Ziel erreicht und setzt bei „Zehn kleine Jägermeister“ zum Todesstoß an. Für seine Kreative Umsetzung
„Sechs kleine Jägermeister wollten Steuern sparen, den Höneß ham‘ sie eingelocht fünf durften nachbezahlen“
erntete er von der Olympiahalle aber nur schallendes Gelächter.
Besinnliches vor Weihnachten
Natürlich darf in der Vorweihnachtszeit die Besinnlichkeit auch auf einem Punkkonzert nicht zu kurz kommen. So packen die Hosen kurzfristig auch noch ein paar Weihnachtslieder in ihr Set und mutieren kurzfristig zu ihrem Alterego Die Roten Rosen. So gibt es „Weihnachtsmann vom Dach“ und für das perfekte vorweihnachtliche Gefühl. Ein bisschen ruhiger ging es auch bei „Unsterblich“ zu. Besondere Gäste gab es für „Das Mädchen aus Rottweil“. Hier unterstützen die Well-Brüder (in Bayern vermutlich bekannter als die Biermösl Blosn) die Toten Hosen und sorgten damit für ein doch recht ulkiges Bild.
Nach weit über zweieinhalb Stunden und drei ausgiebigen Zugaben war Schluss. Ein schöner vorweihnachtlicher Konzertabend geht zu Ende, der mit Feine Sahne Fischfilet schon gut begonnen und mit „Paradies“ und „Azzurro“ ein schönes Ende fand.
Beitragsfoto: (c) Paul Ripke
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