Wir befinden uns in München. Das Publikum im nicht komplett ausverkauften Hansa 39 harrt geduldig der Dinge. Äh Dings hat bereits zwei Songs (mehr hat er nicht im Angebot) im Vorprogramm performt, bald steht der Hauptact Maeckes auf der Bühne. Man ist auf alles gefasst und erwartet nichts weniger als Großartiges von dem schwäbisch-österreichischen Mastermind. Wobei: Genauer gesagt erwartet man gar nichts. Es wird geschehen, was geschehen wird und das wird gut.
Kann Maeckes Optimismus?
„Junge, deine Lieder sind zu traurig“, sagt Maeckes Oma. Dass seine Songs nicht unbedingt die fröhlichsten sind, damit hat die Dame nicht Unrecht. Diesem Problem nimmt sich Maeckes auf seiner „Die Stunde zwischen Tilt und Gitarre“- Tour an. Die Positivierung seiner eigenen Songs ist hier das Stichwort. So wurde aus „Loser“ eine absolut Charthit taugliche Version Namens Gewinner. Aus „Unperfekt“ wurde die Narzisstenhymne „Perfekt“. Mit der grandiosen Refrainaussage: „Ich bin perfekt.“ Diese Versionen klingen völlig absurd, aber genau das ist es, was den Abend ausmacht. Denn ein richtiges Konzert ist es nicht. Es schwirrt irgendwo im künstlerischen Nirvana und Maeckes irrsinniger Ideenkiste.
Es ist alles nur eine Illusion
Maeckes bewegt sich auf einem Grad der Illusion durch sein Set. Ist es zu Beginn des Abends noch ein deutlich erkennbar geskripteter Auftritt, wie beispielsweise seine Soundkontrolle durch Handbewegungen. „Alles Illusion“, grinst Maeckes mit einem Augenzwinkern, während er fröhlich Töne durch die Gegend wischt und Äh Dings aus dem Backstage-Bereich per Livestream zuschaltet. Der sei inzwischen zu berühmt und erfolgreich um ein gesamtes Konzert auf der Bühne zu spielen, lautet die Erklärung.
Inszenierung oder nicht?
Im Laufe des Abends verschwimmen aber die Grenzen zwischen Realität und Fiktion immer mehr. Es wird zunehmend schwer, die Unterscheidung zu treffen. Wird da vorn wirklich ein Beat von Spotify abgespielt, weil der Originialsound nicht auf Äh Dings Laptop zu finden ist? Ist die kleine Penny-Werbung im Song Zufall oder klug eingesetzte Inszenierung? Wie auch immer: Es funktioniert, das Publikum lacht, man hört ein: „Das ist der Grund, warum ich auf Maeckeskonzerte gehe“ über die Reklame für einen Spotify Premiumaccount hinweg. So unrecht hat das Mädchen im Publikum nicht. Dieser Abend lebt nicht nur von der Musik, sondern viel mehr von seiner Stimmung. Von lautem Lachen, das binnen kürzester Zeit zu melancholischem Schweigen wird. Von eingespielten Sponsorenwerbeclips auf der Leinwand („Irgendwer muss die Tour ja bezahlen“) über den Nicht-Tanz-Contest (vielleicht eher bekannt als Stopptanz) bis zur absoluten Ekstase bei „Partykirche“, die Äh Dings höchst persönlich im Priestergewand in der Menge zelebriert. Samt bunt leuchtendem Kreuz um den Hals. Aber auch von Gedichten wie „Warum ich ein schlechter Liebhaber bin“.
Kein Konzert im handelsüblichen Sinn
Kurzum: Dieser Abend ist alles, aber mit Sicherheit kein Konzert im handelsüblichen Sinn. Aber genau deshalb ist dieser Abend auch so genial. So wundert es nicht, dass das Münchener Publikum Maeckes nach der Zugabe nicht einfach von der Bühne huschen lassen möchte. Sie holen ihn mit lautem Beifall noch ein weiteres Mal zurück, Maeckes greift zur Gitarre und es gibt sie doch noch, die Originalversion von „Unperfekt“. Leise singt das Publikum die Strophen mit, den Refrain lauter
und lauter. Immer und immer wieder schallt ein helles „Wie kannst du mich nur so fehlerhaft, wie ich bin, lieben.“ durch das Hansa 39. Es ist zauberhaft und speziell. Wie der gesamte Abend vorher.
[…] Jahrhunderthalle und es war genau die riesige Party, auf die ich gehofft hatte. Maeckes ließ es Ende des Jahres dagegen deutlich ruhiger angehen, das heißt aber nicht, dass ich nicht minder viel Spaß gehabt […]