Nach Tag 1 bei Rock im Park mit u.a. Good Charlotte und den Foo Fighters geht es heute weiter mit Milky Chance, Enter Shikari, Casper, 30 Seconds To Mars, Stone Sour und Marilyn Manson!
Chilliger Nachmittag bei Rock im Park mit Milky Chance
Am zweiten Tag eröffnen Milky Chance für uns den Samstag. Erneut scheint uns die Sonne frech ins Gesicht und es entpuppt sich als ziemlich gute Idee, sich bei der chilligen Musik der Kasseler einfach ein ruhiges Plätzchen auf der Wiese zu suchen. Warum Milky Chance bereits nach ihrem ersten Debütalbum Sadnecessary großen internationalen Erfolg einfahren konnten und u.a. beim Coachella gespielt haben, zeigt sich recht schnell: sie klingen einfach verdammt gut live! Alles ist gut abgemischt, Sänger Clemens Rehbein hat einfach auch live genau die Reibesenstimme, die man schon von Platte kennt. Live werden sie von einigen Tourmusikern unterstützt und wirken damit fast schon zu groß für diesen Nachmittagsslot. Das Publikum bei Rock im Park tanzt zu Songs wie „Blossom“, „Down By The River“ und natürlich „Stolen Dance“. Wer zeitgleich im Riesenrad ein paar Runden dreht, hat vermutlich den Jackpot gezogen, was Festival-Atmosphäre angeht. Denn Milky Chance verkörpern genau das: eine verdammt gutes Festivalfeeling mit musikalisch melodischen, sowie chilligen Songs. Perfekt also für den Sommer. Perfekt für diesen zweiten Rock im Park Tag. Dazu gönnen wir uns übrigens einen Becher Wikingerblut. Eine Mischung aus Slush Eis und Metwein. Definitiv empfehlenswert!
Zurück in die Jugend mit Enter Shikari
Nach Milky Chance geht es schnell rüber zur Park Stage, wo erneut eine Band spielt, die uns an diesem Wochenende wieder 16 sein lässt: Enter Shikari. Bekannt geworden sind die Briten 2006 durch Myspace. (Wer Myspace nicht kennt, wir haben HIER schon mal einen Blogartikel dazu geschrieben). Es war sozusagen das Facebook von damals, nur in cooler, denn immerhin hatte jeder einen eigenen Profilsong. Außerdem konnten Bands durch Myspace ihre Musik verbreiten, was im Falle von Enter Shikari hervorragend geklappt hat, da sie via Myspace zunächst ihre Songs veröffentlichten, ehe 2007 ihr Debütalbum Take To The Skies erschien und Goldstatus in Großbritannien erlangte. Angefangen mit Elektro-Hardcore, hat sich die Band inzwischen musikalisch deutlich weiter entwickelt. Auf dem neuen Album The Spark sind Einflüsse aus Indie, Punk, Metal, Screamo und Elektro bis hin zur Klassik zu hören. Und genau diesen Mix prägt schließlich auch ihr Konzert bei Rock im Park. Sänger Roughton „Rou“ Reynolds erscheint zu Anfang des Auftritts noch im hellblauen Anzug und Brille, doch nach und nach legt er immer mehr Kleidungsstücke ab und fegt schließlich kurz vor Ende des Konzerts oberköperfrei über die Bühne. Man muss schon sagen, der interessante Tanzstil des Sängers und seine sympathischen Ansagen überzeugen uns doch recht schnell, auch wenn der Sound etwas dumpf erscheint. Die Menschen vor der Bühne bilden Circle Pits und moshen, ehe sie von Sänger Rou Reynolds immer wieder zum Springen animiert werden – übrigens sympathischer, als Jared Leto am Abend. Der gesamte Auftritt von Enter Shikari wirkt wie eine einzige Party und der Band merkt man sichtlich den Spaß an, auf so einem großen Festival zu spielen. Natürlich scheint die Mehrheit des Publikums auch hier auf den größten Hit zu warten und natürlich lassen Enter Shikari ihn nicht weg. In einem mehrminütigen Medley wird schließlich „Sorry You’re Not A Winner“ gespielt – und natürlich brav an den richtigen Stellen dreimal geklatscht. Das, was mit 16 bereits in der Dorfdisko und auf jeder Party passierte, wenn der Song lief, klappt jetzt immer noch recht gut. Nach einem kurzen Video für die Social Media Kanäle der Band bedanken sich die Briten und verlassen schließlich die Bühne. Unser Crush auf Enter Shikari ist definitiv zurück. Und wenn die Band uns versichert „Thank you, we love you“, nimmt man ihnen das auch einfach so ab.
Puh, darauf erstmal einen kleinen Snack. Diesmal entscheiden wir uns u.a. für Kotbullar, Wraps und Asia Nudeln. Denn für Caspers Co-Headlinerkonzert muss man schließlich gestärkt sein.
Casper vs. Jared Leto
Denn Casper hatte sich den vorletzten Tagesspot auf der Zeppelinstage bei Rock im Park gesichert und war darauf auch mächtig stolz. Sein Set eröffnet er mit „Alles ist erleuchtet“, ein Lied, das sich ja schon weit vor der Albumveröffentlichung in unser Herz geschlichen hat. Was folgt, ist ein absolut solides und gutes Casperkonzert. Über „Hinterland“ bis „Mittelfinger hoch“ hat Casper alles im Gepäck. Letzteres spielt er übrigens auf einer Mini-B-Bühne vor dem 2. Wellenbrecher, eine coole Idee, so noch ein bisschen mehr Publikumsnähe aufzubauen. Dabei bräuchte Casper das eigentlich gar nicht. Schon von Beginn des Konzertes hat er das Publikum wie immer auf seiner Seite, würden wir im Fußballchargon schreiben: Es ist ein Heimspiel. Bei „Wo die wilden Maden graben“ können wir dann auch noch einen weiteren Haken auf unserer Festival-to-do-Liste setzen: Wir joggen entspannt durch einen der vielen Circle Pits, während Casper sich auf der Bühne langsam aber sicher dem Kollaps nähert. Schwer atmend hängt er in halber Embryonalstellung auf dem Bühnenboden, japst, ringt nach Luft und wird mit einem Strauß Rosen beworfen. Den klemmt er sich kurzfristig zwischen die Zähne, mutiert damit zum Rosenkavallier und erntet vom Publikum einen lauten Lacher. Aber genau das macht ein Casperkonzert aus: Gute Musik und eine Menge Spaß – auch wenn hier der Sound wieder einmal nicht komplett mitspielt. Als dann auch noch Jesus zu Besuch kommt, und nein, wir meinen nicht Jared Leto, sondern einen Fan im Jesusoutfit, ist die Sache erledigt. Das Publikum liebt Casper und Casper strahlt. Schwer atmend, aber er strahlt. Kritteln müssen wir dennoch ein bisschen, wenn auch nur aus blankem Neid: Bei Rock am Ring gab es Gastauftritte von Felix Brummer und Drangsal. Der Park geht featuremäßig als kleine Festivalschwester leer aus. Ist das eigentlich schon Mobbing?
Jared Letos One Man Show
Im Anschluss an Casper spielt also der Headliner von Tag 2 auf der Zeppelinstage. Zugegeben, während Caro nach dem 30 Seconds To Mars Konzert in München vor ein paar Wochen schon genug hatte („Nein, das war das schrecklichste Erlebnis jemals und das, wo ich doch so Fan war früher.“), wollte Nina es doch mal wissen. Einfach um mitreden zu können. Tatsächlich betritt Drummer Shannon Leto sehr pünktlich die Bühne und beginnt mit einem kleinen Drumsolo. Kurze Zeit später wird ihm die Aufmerksamkeit der Zuschauer jedoch von seinem Bruder Jared Leto genommen. Dieser kommt im roten Flatterponcho, roter Jogginghose und Sonnenbrille mit wehendem langem Haar auf die Bühne gesprintet. Das erste, was er tut, ist es, die Menge zum Springen zu animieren. „Jump, Jump“ ruft er immer wieder ins Mikro, während die Band in Form von Shannon Leto an den Drums und zwei Tourmusikern, die an den Rand der Bühne verbannt wurden, mit „Up In The Air“ und „Kings And Queens“ direkt zwei Hits raushaut. Im Grunde besteht die Setlist an diesem Abend nur aus Hits, die zeitweise von einigen Songs des vor kurzem erschienen Albums America unterbrochen werden. Dabei scheint Jared Leto den Gesangspart aber ziemlich oft lieber dem Publikum zu überlassen, vor allem bei den höheren Tönen. Während das Publikum schließlich singt, dreht Leto sich gerne mal im Kreis und versucht anschließend dann doch mal ins Mikro zu screamen, was ihm erstaunlicherweise teilweise sogar gelingt. Dass Jared Leto sich immer wieder gerne Sachen für seine Fans einfallen lässt, ist keine Neuheit. So holt er schon bereits nach ein paar Songs zwei Fans auf die Bühne. So richtig weiß man nicht, warum. Zwar sollen sie textsicher sein, wie er sagt, aber gesungen wird im Anschluss doch nicht. Stattdessen sollen das Mädchen und der Junge aus dem Publikum lediglich bestimmen, welche Seite vor der Bühne lauter ist. Da der Fan aus dem Publikum oberkörperfrei ist, lässt auch Leto es sich auch nicht nehmen, mal kurz seinen Poncho hochzuziehen – was natürlich mit Kreischen aus den ersten Reihen quittiert wird. Ja, Jared Leto weiß, was er tun muss, um bei seinen Fans anzukommen, aber ob das auch für die Nicht-Fans reicht? Vieles von dem, was er tut wirkt deutlich aufgesetzt. Natürlich, schauspielern kann er ja, wurde ja auch mit einem Oscar ausgezeichnet. Doch so richtig blickt man bei dem Konzept von 30 Seconds To Mars jedoch nicht mehr durch. Alles wirkt eher viel mehr wie eine einzelne Jared Leto One-Man-Show, anstatt eine Band, zumal Bassist Tomo Milicevic inzwischen die Band verlassen hat. Als Leto schließlich „The Kill“ ankündigt und der Song sogar im voller Länge gespielt wird – nicht, wie zuletzt oft nur akustisch angespielt – ist man dann doch überrascht. Dazu werden riesige Luftballons ins Publikum gelassen, die einige in der Menge noch längere Zeit bespaßen werden, da es sich als äußerst schwierig herausstellt, so einen Luftballon zu fangen. Doch manchen gelingt es. Natürlich nur mit der richtigen Technik.

Nach dem Zurücksinnen der 2006er 30 Seconds To Mars-Zeit, kommen mit „Walk On Water“ und „Dangerous Night“ die bisherigen zwei Singles des neuen Albums, was generell viel poppiger und radiotauglicher bis hin zum Dubstep wirkt. Noch einmal ein bisschen pompös wird es schließlich bei „City of Angels“, Jared Letos Ode an seine Heimat Los Angeles und Hollywood, ehe schließlich zum Finale von „Closer To The Edge“ sämtliche Fans auf die Bühne dürfen, die jedoch von den Securities vehement davon abgehalten werden, auch nur ansatzweise Herrn Leto näherzukommen.

Alles in allem wirkte 30 Seconds To Mars nicht wie ein würdiger Headliner, was allein schon an der fehlenden richtigen eingespielten Liveband liegt. Jared Leto hat früher auch mal selbst die Gitarre in die Hand genommen, heute offenbar nicht mehr. Natürlich freut man sich irgendwo, die Songs von früher mal live zu hören, aber was Livequalitäten angeht, haben so einige andere Bands uns bisher bei Rock im Park deutlich mehr überzeugt…
Metal-Prince Charming Corey Taylor mit Stone Sour zurück bei Rock im Park
…eine dieser Bands ist Stone Sour. Im Gegensatz zum Headliner auf der Zeppelinstage, stehen auf der Parkstage Musiker, die ihr Handwerk von Grund auf quasi perfekt beherrschen. Stone Sour betreten die Bühne und sind da. Allein die Bühnenpräsenz von Corey Taylor erfüllt die Parkstage komplett, dafür muss er sich noch nicht einmal im Kreis drehen. Ein simples und von Herzen kommendes „Hallo meine Freunde!“ genügt da schon. Vor der Bühne ist es packevoll und die Stimmung sensationell. Keine zehn Minuten benötigt es, bis sich ein sehr dickes und seliges Grinsen ins Gesicht schleicht. Hach, wie schön so ein Konzert sein kann und wie viel Spaß es auch machen kann. Ja, zugegeben: Es war Zeit, mal wieder die Gesangskünste so richtig rauszulassen. Glanzvoll schräg, dafür mit viel Leidenschaft intonierte das Publikum Songs wie „Bother“ und „Through Glass“.
Wir ganz vorne mit dabei. Songs wie „Red, Rose, Violent Blue“ motivieren uns nur noch mehr und spätestens bei „Song 3“ lassen wir alles raus. Auf der Bühne zeigt Corey Taylor ein ums andere Mal, wie man eine perfekte Show inszeniert. Charmant wie eh und je führt er durch den Abend, singt sich Herz und Seele aus dem Leib, strahlt dabei übers ganze Gesicht und lässt den nach einer kurzen gesundheitlichen Zwangspause zur Band zurückgekehrten Josh Rant noch ein bisschen extra feiern. Es ist schlicht ein sehr rundes und schönes Konzert.
Noch ganz hibbelig-happy treffen wir dann zu Marilyn Manson wieder zusammen und können uns erst einmal von unseren Erlebnissen berichten (Nina: „Wow, Jared Leto kann sich drehen!“; Caro, strahlend: „Ahhhhhhhh!!!! Corey Taylor!!!“) und gönnen uns erst einmal ein Feierabendhandbrot samt heißem Met. So ein langer Festivaltag schafft einen schließlich ordentlich, abgesehen davon muss man sich ranhalten, wenn man es bei der Food Experience zu etwas bringen möchte. Und ja: Das Handbrot hält, was es verspricht. Pervers käsig, sättigend und lecker. Kombiniert sich wunderbar mit dem süßen Met definitiv eine gute Erfahrung für die Geschmacksknospen. Das haben wir schon letztes Jahr bei Rock im Park bemerkt. So verbringen wir einen guten Teil des Sets von Marilyn Manson mit unserer Spätmahlzeit und stellen wieder einmal fest: Die stampfenden Beats gehen ins Ohr und sind verdammt tanzbar. Marilyn Manson wirkt überraschend klar und zieht seine typische Marilyn-Manson-Show durch. So verlassen wir gemütlich schlendernd und tanzend zu „Kill4me“ die Parkstage. Zufrieden sind wir. Tag zwei war toll. Und regenlos! Nimm das, Wetter-App!
Credits Enter Shikari Video: Bogdanskof
[…] mit seinem individuellen verrückten Tanzstil über die Bühne – und macht damit Rou Reynolds von Enter Shikari deutlich Konkurrenz. Definitiv eine Neuentdeckung des […]